Der kleine Engel Raphaelo
Im Reiche Gottes, im Reich der Schutzengel, gibt es große, ausgewachsene Engel und auch kleine. Diese Geschichte erzählt von einem kleinen Engel namens Raphaelo. Raphaelo hatte noch kleine Flügel. Ihr müsst wissen, dass die Flügel für Engel ein Symbol sind: Je größer die Flügel werden, desto mehr haben sie an Weisheit, Klarheit und Licht gewonnen. Denn auch Engel müssen zur Schule gehen.
Diese Schule ist anders als bei uns Menschen. Die Engel lernen dort, wie sie Spiritualität einsetzen und mit ihrer Energie umgehen. Das Engelchen aus unserer Geschichte war sehr bewandert im Wissen um die Materie auf Erden, und es war sehr neugierig. Es war noch kein Schutzengel für einen Menschen, aber sein größter Wunsch war es, eines Tages auf der Erde zu dienen. Er konnte es kaum erwarten, endlich dorthin zu gelangen.
Eines Tages ging er zu Gott und sagte: „Lieber Gott, bitte schick mich zur Erde, denn ich möchte endlich dort dienen. Ich habe genug gelernt.“
Gott lächelte und fragte ihn: „Raphaelo, ist das wirklich dein Wille?“
„Ja, Gott, es ist mein Herzenswunsch. Ich möchte so gern ein Schutzengel für jemanden sein.“
Gott nickte verständnisvoll und antwortete: „Wenn es dein innigster Wunsch ist, Raphaelo, dann schicke ich dich gerne zur Erde. Aber wisse, die Erde ist nicht einfach. Sie ist ein Ort der Materie, und dort existiert auch Schmerz. Bist du dir dessen bewusst?“
Raphaelo bekräftigte: „Ja, ich habe viel über die Menschen und ihre Art gelernt. Ich weiß, wie sie sind.“
Gott fuhr fort: „Du weißt, dass die Menschen oft von Angst geleitet sind, und diese Energie kann auch euch Engeln manchmal zusetzen, besonders wenn ihr noch nicht bereit seid.“
Der kleine Engel antwortete selbstbewusst: „Ja, Gott, ich bin bereit. Ich kann das.“
Gott lächelte erneut: „Gut, Raphaelo. Ich möchte dich zu einem kleinen Hund senden, der vielleicht genau so einen Engel wie dich braucht. Er wird in zwei Tagen geboren, und wenn du möchtest, kannst du ihn begleiten.“
Raphaelo war überrascht: „Zu einem Hund? Ich... ich hatte gehofft, einem Menschen zu dienen. Bei so einem Hündchen gibt es doch bestimmt nicht viel zu tun.“
Gott schaute ihn liebevoll an: „Raphaelo?“
Der kleine Engel senkte den Blick: „Ja, Gott, entschuldige. Wenn du meinst, dass es richtig ist, nehme ich die Aufgabe an.“
„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen“, sagte Gott sanft. „Wenn du diese Aufgabe annimmst, wirst du viel lernen. Vertraue mir.“
Raphaelo ging nachdenklich zu seinem Platz zurück. „Zu einem Hund“, dachte er, „was kann da schon groß passieren?“
Er wollte sich in Tapferkeit auszeichnen, bei etwas Mutigem eingesetzt werden und vielleicht sogar eine Medaille erhalten, damit seine Flügel wachsen. Ein kleiner Hund schien ihm nicht die Herausforderung zu bieten, die er sich erhofft hatte. Doch obwohl er alle Tiere liebte – denn Engel kennen nur Liebe – sehnte er sich danach, größere Flügel zu bekommen.
Nachdem er sich beruhigt hatte, suchte er den großen Engel Sandonia auf, der für die Einteilung der Engel in die materielle Welt zuständig war. Sandonia erwartete ihn bereits, denn er wusste um Raphaelos neue Aufgabe.
„So, mein kleiner Engel“, begann Sandonia freundlich, „bist du bereit?“
Raphaelo nickte zögerlich: „Ja, ich bin bereit.“
„In zwei Tagen wirst du hinabgeschickt. Bist du dir sicher, dass du diese Aufgabe übernehmen möchtest? Du kannst es dir noch überlegen.“
Raphaelo atmete tief durch: „Ja, ich will es tun. Auch wenn es 'nur' ein Hund ist.“
Sandonia lächelte weise: „'Nur' ein Hund, sagst du? Du wirst sehen, dass jede Aufgabe ihre eigenen Herausforderungen mit sich bringt.“
Die zwei Tage vergingen, und Raphaelo wurde durch einen langen, strahlenden Lichttunnel zur Erde geschickt. Kaum angekommen, erblickte er ein neugeborenes Hundebaby, das gerade aus dem Schoß seiner Mutter auf die Welt gekommen war. Es war ein kleiner Mischling, weiß-schwarz gefleckt, und Raphaelo lächelte, als er sah, wie hilflos der kleine Welpe war.
Der Welpe hatte noch keinen Namen, versuchte aber bereits, auf seinen wackeligen Beinchen zu stehen. Die Mutter leckte ihn liebevoll ab, während drei Kinder herbeiliefen. Begeistert betrachteten sie die neugeborenen Welpen, die zur Adoption freigegeben waren.
Der älteste Junge, Max, rief aufgeregt: „Mama, Mama! Ich möchte den da haben!“ Er zeigte genau auf den kleinen Welpen, den Raphaelo beschützen sollte.
Die Mutter schaute skeptisch: „Aber der sieht doch etwas... eigenartig aus. Bist du sicher, dass du nicht einen der anderen möchtest?“
Max schüttelte entschlossen den Kopf: „Nein, genau den will ich! Ich finde ihn schön.“
Die Mutter seufzte, konnte aber dem Wunsch ihres Sohnes nicht widerstehen: „Na gut, wenn du dir sicher bist.“
Sie kaufte den kleinen Hund, und Max nahm ihn glücklich in die Arme. Raphaelo folgte ihnen unsichtbar nach Hause. Niemand konnte den strahlenden Engel sehen, der mit seinen goldenen Locken und den leuchtend grünen Augen über ihnen schwebte.
Max lebte mit seiner Familie auf einem großen Bauernhof. Dort gab es viele Tiere: Kühe, Hühner und auch einen alten Hofhund. Raphaelo hörte den alten Hund knurren: „Wer ist denn dieser Neuling? Jetzt wollen sie mich sicher ersetzen!“
Der kleine Welpe zitterte vor Angst. Raphaelo spürte seine Furcht und legte beruhigend seine Hände auf ihn. Sofort fühlte sich der Welpe sicherer und blickte neugierig umher. Er bemerkte den Engel zwar nicht direkt, aber er spürte seine liebevolle Präsenz.
Der alte Hund knurrte weiterhin misstrauisch, doch als Raphaelo ihn anlächelte, legte sich seine Anspannung. Er trottete davon und ließ den Neuankömmling in Ruhe.
Max nannte seinen neuen Freund Felix. In den ersten Tagen kümmerte er sich liebevoll um ihn, fütterte ihn und spielte mit ihm. Doch mit der Zeit begann Max, das Interesse zu verlieren. Er verbrachte mehr Zeit mit seinen Freunden und vernachlässigte Felix.
Eines Tages kamen Max' Freunde zu Besuch. Gelangweilt suchten sie nach einer Beschäftigung.
„Was könnten wir machen?“, fragte einer der Jungen.
Ein anderer schlug vor: „Lasst uns doch ein bisschen mit deinem Hund spielen! Wie wäre es, wenn wir ihn in einen Leinensack stecken und schauen, was passiert?“
Max zögerte: „Ich weiß nicht...“
Doch die Freunde drängten: „Ach komm schon, das wird lustig!“
Widerwillig stimmte Max zu. Sie holten einen großen Kartoffelsack, steckten Felix hinein und banden ihn zu. Der kleine Hund jaulte vor Angst, während die Jungen lachten.
Raphaelo beobachtete das Geschehen mit Sorge. Er wollte eingreifen, aber es war ihm nicht erlaubt, direkt in den freien Willen der Menschen einzugreifen. Stattdessen versuchte er, Max zu beeinflussen.
„Max“, flüsterte er sanft in sein Ohr, „das ist nicht richtig. Bitte lass Felix frei.“
Max spürte ein Unbehagen, aber er schüttelte das Gefühl ab. Die Jungen hatten inzwischen beschlossen, den Sack den Hügel hinunterzurollen.
„Das wird ein Spaß!“, rief einer von ihnen.
Sie stießen den Sack an, und er rollte den Abhang hinunter. Felix jaulte verzweifelt, während die Jungen vor Lachen kaum an sich halten konnten.
Unten angekommen, ließen sie Felix einfach liegen und liefen davon. Raphaelo war entsetzt. Er löste vorsichtig die Schnur, und Felix sprang erschrocken heraus. Der kleine Hund war verängstigt und verletzt.
„Danke“, winselte er leise.
„Alles wird gut“, beruhigte ihn Raphaelo. „Ich bin bei dir.“
Als Max am Abend nach Hause kam, war er überrascht, Felix frei herumlaufen zu sehen. Er wunderte sich, wie der Hund aus dem Sack entkommen war, sagte aber nichts.
Einige Tage später hatten die Freunde eine neue Idee.
„Lass uns Felix in den Fluss werfen und schauen, ob er schwimmen kann!“, schlug einer vor.
Max protestierte: „Der Fluss ist gefährlich! Die Strömung ist zu stark.“
Doch die Freunde lachten nur: „Ach was, er wird schon klarkommen.“
Trotz seines Unbehagens ließ sich Max erneut überreden. Sie trugen Felix zum Fluss und warfen ihn ins Wasser. Der kleine Hund kämpfte verzweifelt gegen die reißende Strömung an.
Raphaelo war verzweifelt. Er versuchte erneut, Max zur Vernunft zu bringen, aber der Junge war für seine Einflüsterungen nicht empfänglich. In seiner Not rief der Engel um Hilfe.
„Bitte, ihr guten Wesen, helft mir!“, rief er in die Welt hinaus.
Plötzlich erschienen drei Gnome: Glatzi, Butzi und Wadunat.
„Wir haben deinen Ruf gehört, kleiner Engel“, sagten sie. „Wir werden Felix retten.“
Mit ihrem magischen Boot fuhren sie auf den Fluss hinaus und zogen den erschöpften Hund aus dem Wasser. Sie brachten ihn ans Ufer und kümmerten sich liebevoll um ihn.
Raphaelo war überglücklich: „Danke, danke! Ihr habt ihn gerettet.“
Die Gnome lächelten: „Es war uns eine Freude. Aber Felix braucht ein neues Zuhause, wo man ihn liebt und respektiert.“
Der kleine Engel nickte entschlossen: „Ich werde jemanden finden.“
Er machte sich auf die Suche und flog über das nahegelegene Dorf. In der Nacht erblickte er ein Haus, aus dem ein warmes Licht strahlte. Die Seele der Bewohnerin leuchtete in heller Liebe.
„Das ist sie“, flüsterte Raphaelo.
Es war eine ältere Dame, die allein lebte. Ihre Söhne waren im Krieg gefallen, und ihr Mann war bereits vor vielen Jahren verstorben. Einsamkeit begleitete ihren Alltag.
Raphaelo brachte Felix zu ihrem Haus und legte ihn behutsam vor die Tür. Er umhüllte das Körbchen mit einer Energie der Liebe und Hoffnung.
Am nächsten Morgen öffnete die Dame die Tür, um ihre Milch hereinzuholen. Verwundert entdeckte sie den kleinen Hund.
„Oh, was haben wir denn hier?“, sagte sie sanft.
Felix blickte sie mit großen, dankbaren Augen an. Sie hob ihn vorsichtig auf und spürte sofort eine tiefe Verbindung.
„Du armes Kerlchen“, flüsterte sie. „Komm herein, ich werde mich um dich kümmern.“
Von diesem Tag an waren die beiden unzertrennlich. Die Dame nannte ihn Felix, was „der Glückliche“ bedeutet. Sie pflegte ihn gesund, und er brachte Freude und Wärme in ihr Leben.
Raphaelo beobachtete die beiden und fühlte tiefen Frieden. Er hatte seine Aufgabe erfüllt. Mit einem zufriedenen Lächeln kehrte er ins Himmelreich zurück.
Sandonia erwartete ihn bereits: „Willkommen zurück, Raphaelo. Wie war deine Zeit auf der Erde?“
Der kleine Engel strahlte: „Ich habe so viel gelernt! Ich dachte, ein kleiner Hund wäre keine große Aufgabe, aber ich habe verstanden, dass jedes Wesen Liebe und Fürsorge verdient.“
Der große Engel nickte anerkennend: „Du hast deine Aufgabe mit Bravour gemeistert. Deine Flügel sind gewachsen.“
Tatsächlich bemerkte Raphaelo, dass seine Flügel größer und kräftiger geworden waren. Er fühlte sich erfüllt und bereit für neue Aufgaben.
„Ich hoffe, dass Max auch etwas gelernt hat“, fügte er nachdenklich hinzu. „Dass man Tiere mit Respekt behandeln muss.“
Sandonia legte ihm eine Hand auf die Schulter: „Die Samen sind gesät. Max hat einen eigenen Schutzengel, der ihm helfen wird, diese Lektion zu verstehen.“
Die Botschaft der Geschichte:
Alles auf Erden fühlt wie ihr. Seid deshalb respektvoll mit Tieren und Pflanzen. Liebt sie und ehrt sie in Achtung und Liebe. Schenkt ihnen Geborgenheit und Aufmerksamkeit. Was ihr euch wünscht, das sollt ihr auch anderen Wesen geben. Wisst, alles hat seinen Engel.
Meine lieben Erdenkinder, Menschenkinder, alles hat seinen Engel – das ist die Essenz dieser Geschichte. Auch du hast deinen persönlichen Engel. Fang an, mit ihm Kontakt aufzunehmen, sprich mit ihm, ruf deinen Engel. Bringe ihm Aufmerksamkeit entgegen, zünde eine Kerze an und sage:
„Lieber Engel, ich danke dir, dass du da bist.“
Sende Dankbarkeit und Liebe, dann wird sich dein Engel auf wunderbare Art und Weise zeigen. Er wird dir seinen Namen sagen, er wird dir sein Gesicht zeigen. Hast du Probleme und Sorgen, dann teile sie deinem Schutzengel mit, und er wird dir helfen! Vertraue auf Gott und die Engel und sei in Liebe.